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Ergebnisse der Studie „Professionelle Krise nach Corona? Steuerungsbedarf …

Beschäftigte an der Belastungsgrenze

Ergebnisse der Studie „Professionelle Krise nach Corona? Steuerungsbedarf in der Sozialen Arbeit nach der Pandemie (CriCo)“

Die Beschäftigten in der Sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen sind am Limit: Das zeigt eine bundesweite Studie von Prof. Dr. Nikolaus Meyer (Hochschule Fulda) und Dr. Elke Alsago (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft/ver.di) zur Arbeitssituation der Beschäftigten in der Sozialen Arbeit nach Ende der meisten coronabedingten Schutzmaßnahmen.

Im Ergebnis der heute (21. März 2023) vorgestellten Untersuchung zeigen die mehr als 1.300 befragten Beschäftigten aus der Sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen hohe berufliche Erschöpfungswerte und sehen bereits eine verminderte eigene Leistungsfähigkeit. Betroffen waren hier vor allem Beschäftigte in Kindertagesstätten, Jugendämtern, Beratungsstellen, der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung, der Ganztagesbetreuung an Grundschulen, der Schulsozialarbeit, den Einrichtungen für Hilfen zur Erziehung, der Sozialen Arbeit in Krankenhäusern, der Wohnungslosenhilfe, der Sucht-/Drogenhilfe sowie der offenen Kinder- und Jugendarbeit.

Entsprechend fühlen sich 65,4 Prozent der Befragten in Nordrhein-Westfalen häufig oder sogar sehr häufig an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Die Gründe hängen unmittelbar mit der Corona-Pandemie zusammen. So geben einerseits 48,3 Prozent der Befragten an, dass in Nordrhein-Westfalen die Nachfrage nach den Angeboten der Sozialen Arbeit seit Beginn der Corona-Pandemie bis heute deutlich angestiegen ist. Und andererseits nehmen 85 Prozent wahr, dass die Komplexität der Problemlagen bei den bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie vorhandenen Adressaten in dieser Zeit ebenfalls zugenommen hat. Damit verschärft die Corona-Pandemie, durch die gestiegenen Hilfebedarfe, den bereits zuvor herrschenden Personalmangel in der Sozialen Arbeit.

An der unabhängigen Studie nahmen im November 2022 bundesweit über 8.200 Beschäftigte aus den verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit mithilfe eines Online-Fragebogens teil. In der wissenschaftlichen Auswertung zeigt sich nun deutschlandweit ein hohes Burnout-Risiko der Beschäftigten: Über 60 Prozent gehen häufig oder sehr häufig an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. So arbeiten rund 39 Prozent der Befragten regelmäßig drei oder mehr Stunden wöchentlich zusätzlich und über 65 Prozent der Befragten stehen bei ihrer Arbeit unter Zeitdruck. Hier führen die sozialen Folgen der Corona-Pandemie zu einer deutlich steigenden Belastung: Bundesweit nehmen seit Beginn der Corona-Pandemie bis heute 49 Prozent der Befragten eine deutlich gestiegene Nachfrage nach den Angeboten der Sozialen Arbeit wahr. Parallel geben mehr als 82 Prozent der Befragten an, dass die Komplexität der Problemlagen bei den bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie vorhandenen Adressaten in dieser Zeit ebenfalls zugenommen hat.

Im Ergebnis gehen aktuell mehr als 77 Prozent der Befragten davon aus, nicht bis zur Rente weiterarbeiten zu können. Die Folgen treffen nicht alleine die bundesweit rund 1,5 Millionen Beschäftigten in der Sozialen Arbeit, sondern auch die mehr als 5 Millionen Menschen, die unmittelbar in den Einrichtungen der Sozialen Arbeit begleitet werden.

Dr. Alsago wies darauf hin, dass die Studie für ver.di auch dazu diene, um auf diese problematische Situation aufmerksam zu machen und die Sichtbarkeit der Beschäftigten zu erhöhen, damit sowohl die Not der Beschäftigten als auch der zu unterstützenden Menschen in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen werde.

„Die Situation und vor allem die Belastung der Beschäftigten in der Sozialen Arbeit hat sich in den letzten Jahren immer weiter zugespitzt. Es ist versäumt worden, die Ausbildungs- und Studienkapazitäten für sozialpädagogische Fachkräfte deutlich auszubauen. Die Bedingungen selbst sind vielerorts defizitär: Angebote werden oft nicht mit ausreichend Beschäftigten und Ressourcen ausgestattet oder Stellen bleiben wegen fehlender Bewerber*innen unbesetzt. Auch die unterschiedliche Finanzkraft der jeweiligen Kommunen spiegelt sich in Umfang und Art des Angebots in der Sozialen Arbeit wieder. Dies alles führt zu einer dramatischen Situation für Beschäftigte und Adressatinnen und Adressaten in der Sozialen Arbeit“, so Tjark Sauer, Gewerkschaftssekretär für den Sozial- und Erziehungsdienst in NRW.

Um diese problematische Situation zu ändern, fordert ver.di einen Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen und die Bereitstellung finanzieller Mittel für Ausbildung und Studium zukünftiger Fachkräfte, die Verbesserung der Personalschlüssel und sofortige Maßnahmen für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten in der Sozialen Arbeit.

„Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, ist auch eine Frage der finanziellen Anerkennung. Hierfür kämpft ver.di in der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst. Die Arbeitgeber haben die Möglichkeit, diese Anerkennung zu leisten und in der dritten Verhandlungsrunde ein entsprechendes Angebot vorzulegen“, betont die ver.di-Bundesfachgruppenleiterin Dr. Alsago.

  • Für allgemeine Rückfragen: Dr. Elke Alsago (ver.di-Bundesfachgruppenleiterin) 0160/92894752
  • Für Anfragen vor Ort: Tjark Sauer, Branchenkoordination Gemeinden/ Fachgruppe Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit 0151-14629015